Die Neustadt entsteht

01 Hugenotten ins Land geholt
02 Leben wurde neu angekurbelt
03 Das Vorbild
04 Pracht und Üppigkeit
05 Neue Konflikte in Europa
06 Ideale Planstadt
--- 01 Im Stil der Zeit
--- 02 Reformierte Pfälzer

07 Beim Bau der Neustadt brannte
..... Altstadt nieder

08 Zusätzliche Privilegien versprochen
09 Einigendes Band
10 Adlige wohnten in Palais
11 US-Panzer zerstörte das letzte Tor

 

12 Begehrte Luxusgüter
13 Erfolgsrezept
14 Die Uni tritt auf
15 Markgrafentum musste wieder einmal saniert werden
16 Schwester des "Alten Fritz"
17 Kant kam nicht
--- 01 Bürgertum gewann Einfluss

18 Schloss war bekannt als "Witwensitz"
19 "Sittenloses Leben"
20 Bier am Berg
21 Napoleon überließ das Markgrafentum den Bayern
22 Tolerant?

06 Ideale Planstadt

Rechtwinkliger Grundriss bestimmt die Neustadt

Nachdem die Hugenotten 1686 ins Land gekommen waren, beschloss Christian Ernst nach kurzer Zeit eine Planstadt für sie anzulegen. Die Wahl für den Ort fiel auf ein südlich des kleinen Ackerbürgerstädtchens Erlangen gelegenes Gebiet.

Die Errichtung solcher Planstädte war in der Zeit des Absolutismus nichts Ungewöhnliches. Die Vorstellung von einer ideal angelegten Stadt war die einer regelmäßigen Architektonik, aus der die einzelnen Häuser als Teil eines einheitlichen Ganzen nicht herausheben durften.

Die Ordnung wurde vom Fürsten, der obersten weltlichen Autorität, vorgegeben. Die Bürger hatten sich dessen Willen zu fügen. Ein weiteres Beispiel einer solchen Plananlage aus der Zeit des Barock ist St. Georgen, heute ein Stadtteil Bayreuths, das Erbprinz Georg Wilhelm 1705 zur Stadt erhob.

Die ersten Häuser der Neustadt Erlangen wurden in der heutigen Heuwaagstraße errichtet. In Gedenken daran wurde am Gebäude an der Ecke zur Hauptstraße ein steinerner Adler, das Wappentier des Hauses Brandenburg, angebracht. Nach dem Abriss des Gebäudes im Jahr 1966 wurde dieser Brandenburger Adler etwas weiter nördlich an die Einmündung zur Kuttlerstraße verlegt, wo er noch heute zu finden ist.

Die Stadt sollte eine rechteckige, von einer Ringstraße umfassten Barockanlage werden. Die Straße, die Nürnberg mit Bamberg verband ("principale Rue"), diente dabei als Achse. Das Zentrum der Stadt bildeten zwei Plätze, der "Grand Place" (heute Markt- und Schlossplatz) und der Französische Markt {Hugenottenplatz).

An der Ecke Heuwaag-/Goethestra0e erinnert diese Bodenplatte an den Plan der Erlanger Neustadt.
Fotos: Klaus Springen

Die Gestaltung der einzelnen Häuser war ursprünglich streng vorgegeben. Die Häuser an den Plätzen und in der "principale Rue" sollten dreigeschossig, in den Nebenstraßen zweigeschossig errichtet werden. Die Fassaden sollten zudem einen einheitlichen Eindruck hinterlassen, daher eine Tür in der Mitte des Hauses, drei Fenster rechts und links daneben sowie sieben Fenster im ersten Stock beinhalten.

Im Stil der Zeit
Diese Vorgaben entsprachen auch den ästhetischen Vorstellungen dieser Zeit. Die Regelmäßigkeit, die relativ breiten Straßen und verhältnismäßig niedrige Bebauung bewirkte, dass Erlangen bis ins 19. Jahrhundert als moderne helle und freundliche Stadt empfunden wurde. Die Umsetzung des Bauplans erfolgt in den ersten Jahren durch den damaligen markgräflichen Oberbaumeister Johann Moritz Richter. Nach ihm wird noch heute ein Überbleibsel der damaligen Ringstraße als Richter'sches Eck bezeichnet (Ecke Goethe- und Heuwaagstraße).


Das "Richter'sche Eck" (heute Heuwaagpassage), benannt nach dem Baumeister Johann Moritz Richter.

Am 5. März 1708 erhob der Markgraf das 1701 nach ihm getaufte "Christian Erlang" zur 6. Hauptstadt seines Landes und damit zur Residenzstadt. In den folgenden Jahren hielt er vor Ort des öfteren Hof und verbrachte hier seinen Lebensabend, während seine Nachfolger eher selten nach Erlangen kamen. Regierungssitz blieb bis 1810 Bayreuth.

Die Planstadt wuchs jedoch nicht so, wie es ursprünglich vorgesehen war. Da die reichen Bauherren überwiegend ausgeblieben waren, wurden die ersten Häuser nur selten unterkellert, einige erhielten zu Anfang nur ein Stockwerk. Bereits ab 1688 wurde dagegen eine Bebauung über den vorgesehenen Plan hinaus nach Norden, ab 1700 nach Süden entlang der Hauptstraße vorgenommen.

Reformierte Pfälzer
1698 zählte die Neustadt Erlangen bereits l 300 Einwohner. Die meisten von ihnen waren jedoch keine reichen Hugenotten, sondern reformierte Pfälzer. Denn fünf Jahre zuvor hatte der Markgraf reformierten Flüchtlingen aus der Pfalz die gleichen Rechte wie den Franzosen eingerichtet. Diese weitete er später auch auf zuziehende Lutheraner und 1711 auf Katholiken aus. Der Grund war, dass weit weniger Hugenotten ins Land gekommen waren, als man erhofft hatte.

Das viel zu groß konzipierte Neu-Erlangen musste also anderweitig bevölkert werden. Dennoch bildeten die Hugenotten, nicht zuletzt auf Grund ihrer Wirtschaftskraft, den Kern der Bevölkerung der Neustadt. Ein Denkmal wurde ihnen in dem 1704 bis 1706 von Elias Räntz im Schlossgarten errichteten Hugenottenbrunnen gesetzt, an dessen Fuße Bürger in typischer französischer Tracht zu erkennen sind.


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