Unter Bayerns Krone

01 Kein einigendes Vaterland
--- 01 Auf Souveränität bedacht
02 Große Namen und
--- Großzügige Spenderin
03 Armut und Wohlfahrt
04 Stetes Wachstum
05 Erlangen behält die Universität
--- 01 Stadt wuchs nach Osten
--- 02 Getrennte Klassen
06 Brennholz war teuer
07 Jubel für Preußen
--- 01 Die Industrialisierung
08 Ungehorsam gezeigt
--- 01 Ein Klima der Angst
--- 02 Ritt auf Eseln

 

09 Es geht aufwärts und
--- 22 Sonderzüge fuhren
------- Alle Schichten vereint
10 Großzügiger Uni-Ausbau
11 Kinderfreuden
--- 01 Das Erlanger Blasrohr
--- 02 Spione und dicke Männer
--- 03 Zwei Briefkästen
12 Ein Mann mit Weitsicht
13 Eine große Investition
14 1918 war die Zeit der Könige
..... und Kaiser vorbei
--- Flottenverein gegründet

01 Kein einigendes Vaterland

Die Wittelsbacher wurden die monarchischen Bezugspersonen

Nach fast vierjähriger französischer Besatzung erfüllten sich die Hoffnungen der Erlanger. Wie schon vorher das Fürstentum Ansbach gab Napoleon 1810 nach zähen Verhandlungen endlich das von Preußen erworbene Fürstentum Bayreuth und damit auch die Alt- und Neustadt Erlangen an das Königreich Bayern weiter. Gerne huldigten die Einwohner dem neuen Landesherren Max(imilian) I. Joseph, der zwar leider katholisch, aber doch ein "teutscher" und aufgeklärter Landesvater war. 108 Jahre lang, bis zum Sturz der Monarchie im November 1918, lebten die Erlanger seitdem unter der Krone der Wittelsbacher.


Zur Erinnerung an die 100-jährige Zugehörigkeit Erlangens zu Bayern und den Wittelsbachern wurde im Eichenwald dieser Gedenkstein enthüllt. Zum Festakt war Prinz Ludwig angereist.
Foto: Klaus Springen

Weil es nach dem Untergang des alten Kaiserreiches (1806) bis zum Jahr 1871 keinen deutschen Kaiser gab, blieben die Wittelsbacher Herrscher über viele Jahrzehnte die einzigen monarchischen Bezugspersonen. Im 1815 geschaffenen Deutschen Bund bildeten die fürstlichen Einzelstaaten nur einen lockeren Staatenbund. Es gab keine deutsche Regierung, keine deutsche Hauptstadt, keine deutsche Armee, kurz kein gesamtstaatlich organisiertes Vaterland.

Auf Souveränität bedacht

Das lag im Interesse der auf ihre Souveränität bedachten Landesfürsten, stieß aber vor allem bei den Studenten und im Bildungsbürgertum auf Kritik und Empörung. Nach dem Vorbild Jenas (1815) entstand schon früh (1816) auch in Erlangen eine gesamtdeutsch fühlende Burschenschaft. Aber der seit den Freiheitskriegen gegen Napoleon (1813/15) populäre Wunsch nach einem freiheitlichen Nationalstaat erfüllte sich zunächst nicht. In den "Karlsbader Beschlüssen" (1819) wurden die Burschenschaften verboten, die Professoren seitdem überwacht und Zeitungen und Bücher einer strengen Vorzensur zur Abwehr nationaler und liberaler Ideen unterworfen.

Für die Gestaltung des politischen Lebens, auch für die Möglichkeiten und Grenzen kommunalpolitischen Wirkens, blieb das Königreich Bayern der entscheidende Bezugsrahmen. Das für die Erlanger Stadtgeschichte wichtige Jahr 1810 fiel mitten in den Entstehungsprozess des heutigen Staatsbayern, wie es sich in den ersten anderthalb Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts herausbildete. Zu Altbayern kamen - neben der Rheinpfalz - die Neuerwerbungen in Franken und Schwaben, zugleich entwickelte sich Bayern zum geschlossenen Flächenstaat - ein Ergebnis der geschickten Politik des Mittelstaates in der Zeit Napoleons.

Zum Zusammenwachsen der alt- und neubayerischen Gebiete trugen die vielen inneren Reformen in dieser politisch bewegten Zeit bei. In einer "Revolution von oben" schuf der von 1799.- 1817 amtierende leitende Minister Graf Montgelas mit Zustimmung des Königs ein modernes Staatswesen. Der Adel verlor zwar keineswegs alle, aber doch wesentliche Vorrechte, z. B. Steuerprivilegien oder sein Monopol auf höhere Beamten- und Offiziersstellen. Die Gleichheit vor dem Gesetz wurde prinzipiell hergestellt, allen Bürgern wurden Eigentums- and Freiheitsrechte garantiert. Die Protestanten profitierten von der neu eingeführten religiösen Toleranz.

Zum notwendigen Staatsbildungsprozess trugen eine zentralistisch aufgebaute Verwaltung mit einem ordentlich bezahlten und daher weniger korruptionsanfälligen, leistungsfähigen Beamtentum (Einführung des Staatsexamens) und die Schaffung eines einheitlichen bayerischen Wirtschaftsraumes (Abschaffung aller Binnenzölle, Vereinheitlichung von Maßen und Gewichten) entscheidend bei.

Während nach dem Wiener Kongress (1814/15) in den meisten Staaten, z.B. Preußen und Österreich, der Monarch noch unumschränkt herrschte, bildeten sich in Süddeutschland konstitutionelle Monarchien heraus. Neue Gesetze und Steuern bedurften nunmehr der Zustimmung einer Volksvertretung. Max I. Joseph verstand die 1818, ein Jahr nach Montgelas' Rücktritt, erlassene "oktroyierte" Verfassung als ein aus freiem Willen gegebenes Geschenk an seine Landeskinder. Mit diesem Übergang zum Verfassungsstaat gewann er die Herzen vieler Gebildeter, die sich (auch als Neubayern) nun noch leichter mit den bayerischen Farben Blau und Weiß zu identifizieren vermochten.

Der neuen bayerischen Ära sah man in Erlangen zunächst nicht ganz sorgenfrei entgegen. Würde die Stadt ihre Universität behalten? Über einen längeren Zeitraum schien ihre Zukunft durch den Herrschaftswechsel gefährdet. Ein Wegzug der Studenten hätte für manche Einwohner der kleinen Stadt (1812 etwas über 8500 Einwohner) unangenehme wirtschaftliche Einbußen mit sich gebracht.


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