Der Weg in die Gegenwart

01 Kultur angepackt
02 Alle Türen standen offen
--- 01 Ohly bald abgelöst
--- 02 Chefs im Rathaus
03 Wichtige Meilensteine gesetzt
--- 01 "Urbanität in der Provinz"

04 Sorge um Häuser

05 Ruf nach Reformen
--- 01 Zentrum blieb kleinstädtisch
--- 02 Aufbruchsstimmung
06 Anerkannte Umweltpolitik
--- 01 Auf Fassaden geachtet
--- 02 Medical Volley"
--- 03 130 Länder

03 Wichtige Meilensteine gesetzt

"Alle Türen standen offen"

Fast 36000 Bürger zählte Erlangen Ende der 30er Jahre. 10000 Menschen mehr waren es ein Jahr nach Kriegsende, nachdem Tausende von Flüchtlingen in die Stadt geströmt waren, die ein Dach über dem Kopf suchten. So stand der Wohnungsbau an erster Stelle der kommunalen Aufgaben, und zwar mit deutlicher Zielrichtung:

 

Siemens-Gebäude säumen die Werner-von-Siemens-Strasse. Im Hintergrund erkennt man noch das blaue Siemens-Hochhaus und gegenüber den Himbeerpalast. In der Strassenmitte lagen einst die Schienen der "Seekuh".

(siehe Seekuh in "Erlangen virtuell")

"Ich hoffe zuversichtlich, dass die Regierungsstellen, welche das Baumaterial vergeben, nicht in erster Linie Kommerzienrats Villen und Landhäuser am Dechsendorfer See bedenken, sondern an die ausquartierten Arbeiterfamilien in unserer Stadt sich erinnern", sagte Hammerbacher in seiner Abschiedsrede.

Nachfolger Michael Poeschke setzte auf sozialdemokratische Tugenden und gründete im November 1948 eine "Sparaktion Sozialer Wohnungsbau". Die meisten Wohnungen baute in den ersten Nachkriegs jähren jedoch die Firma Siemens: Erste Projekte entstanden 1949 an der Pfälzer, Nürnberger und Spardorfer Straße.

Richtig los ging es mit dem sozialen Wohnungsbau erst im April 1950, als zeitgleich mit dem ersten Wohnungsbaugesetz der Bonner Bundesregierung die "Sparaktion" in die Gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaft der Stadt Erlangen überführt wurde. Ein Bauboom setzte ein und bescherte der Bundesrepublik in den folgenden sechs Jahren drei Millionen Wohnungen, in Erlangen konnte zu diesem Zeitpunkt die Gewobau das Richtfest der 2000. Wohnung feiern.

Siemens schuf rasch auch die Voraussetzung für das neue Erlanger Domizil. Es entstand der Himbeerpalast für die Firmenverwaltung mit 3500 Arbeitsplätzen. Bezugsfertig wurde das Gebäude am 1. April 1953. 20 Jahre später, als Erlangen die Geburt seines 100000. Bürgers feierte und Großstadt wurde, wies das Weltunternehmen nicht ohne Stolz auf seinen Beitrag zur Entwicklung der Stadt hin, denn immerhin hatten Investitionen von 670 Millionen Mark und der Bau von nahezu 5000 Wohnungen seit Kriegsende der Erlanger Wirtschaft Aufträge und damit eine starke Belebung gebracht. Auch kamen zu großem Teil Löhne und Gehälter der Mitarbeiter dem örtlichen Handel und Gewerbe zugute.

Der Aufschwung kam natürlich nicht von ungefähr. 1950 war der Koreakrieg entbrannt, der für die nächsten Jahrzehnte bis 1990 die Welt in zwei Lager spalten sollte. Die USA stellten auf Rüstungswirtschaft um und forderten einen deutschen Wehrbeitrag, dem sich Bundeskanzler Konrad Adenauer nicht widersetzen wollte. Dies war nicht nur die Stunde der Wiederbewaffnung und der engen Verzahnung der Bundesrepublik im westlichen Bündnis, sondern auch die Geburtsstunde des "Wirtschaftswunders": Sprunghaft stieg die Nachfrage nach Investitionsgütern, und dank ihrer freien Kapazitäten konnte die deutsche Wirtschaft ihren Aufschwung einleiten.

   

Beton als Baumaterial der Zukunft: Nicht nur Hocdhäuser, auch Kirchen (hier die Erlöserkirche am Anger) entstanden im Stil der neuen Zeit.

03.01 "Urbanität in der Provinz"

"Das Wahlergebnis lässt erkennen, dass Vernunft und sachliche Würdigung über Versprechen und Romantik gesiegt haben", sagte Michael Poeschke, als er 1958 gegen den CSU-Kandidaten Heinrich Lades den Kampf um den OB-Sessel für sich entscheiden konnte. Für einen Mann des Wiederaufbaus wie Poeschke war Heinrich Lades nicht der geeignete Politiker, sein Werk fortzusetzen. Lades hatte sich damals gerade als Ministerialrat im Bonner Familienministerium mit dem Bundesjugendplan einen Namen als Jugend-Experte machen können. Als Poeschke 1959 überraschend starb, wurde der CSU-Politiker zu seinem Nachfolger gewählt.

Wie Poeschke ein Mann des Wiederaufbaus, so war sein Nachfolger Heinrich Lades einer des Wirtschaftswunders. Die Vollbeschäftigung und der um sich greifende Wohlstand ließen ihn an ein unbeschränktes Wachstum und die Machbarkeit der Dinge glauben. Jahre mit einem Wirtschaftswachstum von 8,8 (1960), 6,6 (1964) und - nach der ersten plötzlichen Rezession und dem folgenden staatlichen Eingriff in die Konjunkturpolitik - 7,5 Prozent (1969) ermöglichten Lades, 13 Jahre in dieser Stadt Marksteine zu setzen. "Urbanität in der Provinz" war sein gern gebrauchte Leitwort.

Erlangen bekam in diesen 60ern eine neue Qualität. War bisher die Stadtentwicklung nach 1945 von der Not diktiert worden, so ging es jetzt darum, sie veränderten Lebens- und Arbeitsbedingungen anzupassen. Mit Tatkraft ging Lades zunächst sein Jugendzentrum-Projekt an, das mit Hallenbad im Mai 1963 fertig wurde. Siemens setzte einen Meilenstein mit dem Bezug des Forschungszentrums für Starkstrom im Mai 1965. Die Universität baute im Stadtsüden ihre Technische Fakultät (Eröffnung im November 1966). 1961 kaufte die Stadt Schloss Atzelsberg. Im Januar 1967 wurde die von Lades verfolgte Eingemeindung Kosbachs, Häuslings und Steudachs vollzogen. Es entstanden - für die Stadt auch problematische - neue Verkehrswege: Auf der Trasse des ehemaligen Ludwigskanals begann der Bau der A 73 (Frankenschnellweg), die Autobahn Nürnberg - Frankfurt wurde freigegeben (November 1964) und der neue Rhein-Main-Donau-Kanal im Bereich Erlangen schiffbar (Oktober 1970).


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