Der Weg in die Gegenwart

01 Kultur angepackt
02 Alle Türen standen offen
--- 01 Ohly bald abgelöst
--- 02 Chefs im Rathaus
03 Wichtige Meilensteine gesetzt
--- 01 "Urbanität in der Provinz"
04 Sorge um Häuser

05 Ruf nach Reformen
--- 01 Zentrum blieb kleinstädtisch
--- 02 Aufbruchsstimmung

06 Anerkannte Umweltpolitik
--- 01 Auf Fassaden geachtet
--- 02 Medical Volley"
--- 03 130 Länder

05 Ruf nach Reformen

Das Wachstum um 40 000 Einwohner seit Kriegsende (1965 waren es 77 000) zwang zu weiterem forcierten Wohnungsbau mit notwendiger Infrastruktur: Es entstanden Schulen und Kirchen, die Kindergärten einrichteten. Wie ein Ring um den historischen Stadtkern herum wurden in den sich entwickelnden städtischen Außenbereichen Hochhäuser hochgezogen. Die Krönung dieser Art Stadtplanung feierte man mit dem "Langen Johann" als höchstem Wohnhaus Bayerns (Grundsteinlegung April 1970).

Ein Jahr zuvor war im Juli an der Nürnberger Straße der Grundstein gelegt worden für eine neue Post, die jedoch nicht einmal 30 Jahre die ihr zugesprochene Bedeutung behalten konnte. Wenn man zu ihr noch Projekte wie das Großkraftwerk Franken oder das Polizeigebäude an der Schuhstraße addiert, so waren unter diesen aus heutiger Sicht diverse Flops. Dass die Sanierung des erst 1971 eröffneten Rathauses am Neuen Markt so um die 20 Millionen Euro kosten wird, sei hier, was den Umgang mit Steuermitteln betrifft, nur am Rande erwähnt.

05.01 Zentrum blieb kleinstädtisch

Während ringsum das neue Erlangen .entstand, war das Zentrum kleinstädtisch geblieben. Das brachte Probleme, denn Konsum war das Leitmotiv der Gesellschaft geworden, und die historische Innenstadt war zu klein, diese Ansprüche zu erfüllen. Dass Investoren vom bundesweit gepriesenen Erlanger Kaufkraftkuchen mitessen wollten, macht das Beispiel des Horten-Unternehmens deutlich, das schon 1957 an der Nürnberger Straße / Ecke Mozartstraße ein Großkaufhaus errichten wollte. Allgemein verlangten die Massengüter der industriellen Warenproduktion neue Vertriebs- und Verkaufsstrategien, die allerdings ein anderes Umfeld als das der Erlanger Alt- und Neustadt voraussetzten. Dieses schaffte Heinrich Lades mit Planung und Realisierung des so genannten "Neuen Marktes" mit neuem Rathaus.

Die Erweiterung der Innenstadt mit einem - von Norden nach Süden gesehen - vierten großen Platz begleitete Lades die Amtszeit hindurch. Schon 1960 ließ er einen Baulinienplan auflegen. 1965 gab es schon sehr konkrete Vorstellungen, aber es sollte bis zum Sommer 1968 dauern, bis alles zur Beschlussfassung durch den Stadtrat fertig war. Danach ging es schnell:

Im Oktober 1970 eröffnete das Einkaufszentrum Rathausplatz und ein Jahr später wurde mit Rathaus und Stadthalle (heute Heinrich-Lades-Halle) das "End- und Kernstück des Einkaufs-, Kultur- und Verwaltungszentrums" eingeweiht und als "sichtbarer Ausdruck der Stadtsanierung" gelobt. Heinrich Lades blieb nur noch ein Jahr im Amt. 1971 gewann er knapp mit 51,9 Prozent die turnusmäßige OB-Wahl gegen den damals 36-jährigen SPD-Herausforderer Dietmar Hallweg. Ein Jahr später jedoch, als nach der Gebietsreform eine Neuwahl stattfand (Dechsendorf, Tennenlohe, Eitersdorf, Frauenaurach, Kriegenbrunn und Hüttendorf waren eingemeindet worden), musste er sich geschlagen geben: Fast 24 Jahre sollte dann die Amtszeit seines Nachfolgers Hahlweg dauern.

05.02 Aufbruchsstimmung

"Nachtotalitäres Biedermeier" wird auch die Adenauerära genannt, die bis in die 60er Jahre hineinwirkte und der wohl erst die Studentenrevolte ein spektakuläres Ende bereitete. In ihr hatten es reformistische Kräfte schwer. Willy Brandt, der bereits 1961 versuchte, mit seinem Spruch vom "blauen Himmel über der Ruhr" auf Umweltthemen aufmerksam zu machen, hatte keine Chance gegen die "Macher". Dabei nahm der SPD-Politiker nur auf, was an reformerischen Ideen in den USA und anderen westeuropäischen Ländern diskutiert wurde: Bildungswesen, Wissenschaftsförderung, Gesundheits- und Infrastrukturpolitik.

Dietmar Hahlweg brachte in seinem Wahlkampf etwas von der reformerischen Aufbruchstimmung mit. Die Bürger waren von der Wachstumseuphorie der Lades'schen Regierung verunsichert. Dazu gehörten ganz einfache und doch entscheidende Dinge wie als Folge des stürmischen Wachstums der Nachholbedarf an Kinderspielplätzen und Freizeitanlagen vor allem in den neuen Wohngebieten. Sie vertrauten mehr dem, der den Stolz der Erlanger auf das Erreichte teilte,
gleichzeitig jedoch offen auf negative Entwicklungen des Wachstums hinwies.

Damit gewann er auch die Stimmen der Geschäftsleute, die mit Gründung des "Neuen Marktes" um ihre Existenz bangten. Er propagierte die Chancengleichheit beider Bereiche und versprach, der Innenstadtplanung eine neue Richtung zu geben. Und so gehörte im Herbst 1972 die Bildung einer Arbeitsgruppe "Innenstadt" zu den ersten Maßnahmen seiner Amtszeit.

Linie

Copyright für "1000 Jahre Erlangen": Erlanger Nachrichten

Zu Erlangen virtuell Erlangen virtuell Zum Anfang Zum Anfang nach oben Nach oben Fortsetzung Fortsetzung