Sportliche Beschaulichkeit
Punktesammler und Exoten im Schatten benachbarter Hochburgen
Es stimmt natürlich nicht, dass Erlangen die Bundeshauptstadt
des Breitensports ist, wenn auch Offizielle der Stadt, sobald es um den Jedermann-Sport
geht, dick auftragen. Tatsache aber ist: abseits von Wettkampf und Hochleistung,
von Sieg und Erfolg sorgt der Erlanger Sport zwar für kräftige Farbtupfer
- für mehr aber auch nicht.
Kreislauftraining für die Mitarbeiter - bei der Firma Siemens wurde das
schon in den Nachkriegsjahren angeboten. Tausend Mitmacher-Punkte sammeln durch
Gymnastik, Wandern, Schwimmen - das städtische Sportamt führt schon
seit 1967 ein Gesundheitsprogramm durch. Radeln, Leichtathletik, Schwimmen als
Breitensport-Olympiade - das ist die Aktion Sportabzeichen. In diesen Bereichen
gehört Erlangen zu den Vorbildern und immer vorneweg seit bald fünfzig
Jahren ein gewisser Egon von Stephani, der als Breitensport-Papst, als personifizierter
Gesundheitssport gefeiert werden darf.
Körperliche Fitness bis ins höhere Alter sind der Lohn der Bewegung,
dazu Trimm-Taler und Wandergroschen. Edelmetall, gegossen in Medaillen, verspricht
dagegen der Wettkampf- und Mannschaftssport. Und das war Erlangens Stärke
bis auf wenige Besonder- und Absonderlichkeiten noch nie. Als Kleinstadt bis
hinein in die Nachkriegszeit konnte Erlangen naturgemäß keine Führungsrolle
beanspruchen, sportliche Beschaulichkeit war angesagt. Zudem liegt die Stadt
ja im Schatten der Sport-Hochburgen Nürnberg und Fürth.
So hat der Erlanger schon immer eine besondere Vorliebe entwickelt für
Rand-, Nischen- und Exotensport wie Schach, Billard und Rasenkraftsport, wie
Wurftauben- und Vorderladerschießen, wie Trampolinturnen, Standardtanzen
und Kanuslalomfahren.
Kurz nach dem Zweiten Weltkrieg traten
der Boxer Hans Stretz,
die Tischtennisspieler Peter von Pierer und Herbert
Marx,
die Turnerin Ellen Linde
ins nationale Rampenlicht.
Zugereiste, sportlich Durchreisende bescherten - Ausnahmen bestätigen die
sportliche Regel - dem Erlanger Sport hin und wieder sogar Leistungen von Weltklasse
und weltweit beachteten Erfolg.
Florian Schwarthoff, in Dortmund geboren,
auf der Turnerbund-Aschenbahn groß geworden, gewann 1992 olympische Bronze
im 110-Meter-Hürdensprint.
Auswärtige, die für Erlanger Vereine starten, aber nie hier wohnen
möchten, haben den Namen "Erlangen" bis nach Australien und Japan
getragen wie
Hannah Stockbauer, Nürnbergerin, zweifache
Weltmeisterin im Schwimmen.
Wie Wiltrud Probst aus Neunkirchen, die beim Turnerbund
das Tennisspielen lernte und ins gehobene Feld der Profi-Weltrangliste aufstieg.
Noch einige Erlanger, die bundesweit für Schlagzeilen sorgten:
im Bundesligafußball Klaus Slatina und die
Täuber-Brüder, im Schwimmbecken
die Zikarsky-Zwillinge und
am Beckenrand Roland Böller.
Tausend Jahre alt ist Erlangens Sport nicht, aber 1001 Geschichten kann er
durchaus erzählen. Meint jedenfalls Klaus Dieter Speck, der Erlangens Sportgeschichte
aufgearbeitet hat. Älteste Sportart der Stadt sei das Armbrustschießen,
fand er heraus. Eine Art Waffenübung war es wohl, was die "Schützengilde"
um das Jahr 1200 auf Erlanger Gebiet betrieb.
Der Schießsport gilt zweifelsfrei als Erlangens ältester Sport.
Das erste "Vogelschießen" einer französischen Schützenkompanie
soll im Jahre 1693 abgehalten worden sein; ihr Schießplatz war dort, wo
sich jetzt Südliche Stadtmauerstraße und Schuhstraße kreuzen.
Die "Deutsche Schützengesellschaft" wurde 1699 gegründet;
ihr Schießhaus befand sich in der Nähe des Neustädter Friedhofes.
Auf Wurftauben und internationale Erfolge zielen die Erlanger Skeetschützen.
Die stellten 1988 mit Herbert Seeberger sogar einen Olympiateilnehmer. Freilich:
geschossen und getroffen wird weit außerhalb der Stadtmauern, draußen
in der "Fränkischen" in einem alten Steinbruch bei Drügendorf
Irgendwie typisch Erlangen.
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