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Diskussion: Rechtschreibreform

Textdekoration: Institut für Deutsche Sprache

Kommentare etc. bitte an mich.

Die deutsche Rechtschreibreform ist...

...unnötig wie ein Kropf! Schädlich! – Nach den neuen Regeln sind Formulierungen möglich, bei denen man beim Lesen vollkommen aus dem Takt kommt, weil der Sinn nur noch aus dem Zusammenhang erkennbar wird und nicht mehr durch den Satzbau bzw. die Rechtschreibung unterstützt wird; teilweise muß man deswegen Sätze zwei- bis dreimal lesen, bis man sie versteht.

<ASBESTOS>Letztlich dient sie nur dazu, die in der Bevölkerung sowieso nicht genügend vorhandene Bildung zum Standard zu zementieren.</ASBESTOS> Und überhaupt: richtig ist daß!


Die alte Rechtschreibung ist leserorientiert und inhaltsorientiert. D.h. der Leser wird unterstützt, den Sinn eines Textes überhaupt und auch schnell zu erfassen. – Das bedeutet harte Arbeit für den Autor:

  1. Der Autor muß überhaupt etwas mitzuteilen haben.
  2. Der Autor muß sich in den Leser hineinversetzen und seinen Satzbau und die Interpunktion so anwenden, daß das Verstehen des Textes erleichtert wird. Die etwas komplizierteren alten Regeln helfen ihm dabei jedoch sehr, denn sie waren genau zu diesem Zweck entworfen worden: Sinn zu vermitteln. Deswegen sind sie auch etwas komplizierter, denn es ist immer schwerer, Sinn zu vermitteln, als Worte zu übermitteln!
  3. Die alte Rechtschreibung ist volkswirtschaftlich ökonomischer: fast immer ist die Anzahl der Leser eines Textes wesentlich größer als die Zahl der Autoren (dazu hat Gutenberg ja schließlich den Buchdruck erfunden!). D.h. der Zeitaufwand, einen Text nach den alten Regeln richtig zu schreiben wird um ein Vielfaches dadurch wettgemacht, daß viele Leser den Gehalt des Text schneller erfassen.

Die neue Rechtschreibung hingegen ist autorenorientiert und klangorientiert. D.h. der Autor wird unterstützt, möglichst schnell einen Text fertigzustellen; dabei muß er noch nicht einmal etwas mitzuteilen haben oder gar den den Sinn seiner eigenen Worte verstanden haben; es reicht, wenn er den Klang seiner Worte niederschreibt. Den evtl. vorhandenen Gehalt muß sich der Leser selbst erarbeiten...

Fazit:

  1. Ich habe den starken Verdacht, daß die Rechtschreibreform durch Konspiration dreier Gruppen initiiert wurde:

    1. Von dummen Eltern fauler Schüler, die sich bessere Diktat-Noten erhoffen, weil ihre Infanten dann nur noch die Buchstaben und Worte auf's Papier malen müssen, die sie hören (verstehen ist nicht mehr wichtig).
    2. Von Verlagen, die sich eine Senkung der Personalkosten ihrer Autoren und Redakteure erhoffen.
    3. Von Verlagen, die von den Umwälzungen profitieren (Schulbücher, Duden, etc.).

  2. Volkswirtschaftlich und die Vermittlung und Archivierung von Wissen betreffend ist die Rechtschreibreform ein Desaster, weil sie der Verbreitung von gehaltlosem bzw. schwer zu erfassendem Geschwätz Vorschub leistet. Sie stiehlt dem Konsumenten Zeit!

  3. In Zukunft wird das persönliche Arbeitsmittel des "Schnell-Lesens" stark an Bedeutung gewinnen, denn anders kann man sich der Flut des nunmehr schneller produzierbaren Geschwätzes nicht mehr erwehren. - Schon heute müßte ich an meinem Arbeitsplatz weniger Mails "dechiffrieren", wenn deren Verursacher gezwungen wären, den Gehalt in eine ordentliche Form zu gießen; durch die neue Rechtschreibung werden sie noch nachlässiger und sie halten es nicht für notwendig, ihre Ergüsse wenigstens einmal korrekturzulesen... und dann gibt es noch die Spezialisten, die sich für so intergalaktisch-Eiswürfel-pinkel-cool halten und alles klein schreiben, Tippfehler absichtlich nicht korrigieren und bestenfalls mit dem Salzstreuer Interpunktionszeichen verteilen... (warum lassen sie dann nicht gleich konsequenterweise Wortzwischenräume weg...?) - Gott Gnade uns, wenn die nächste Rechtschreibreform kommt...

  4. Die Idee zu der Maßnahme, das Scharf-S ß (Ligatur aus langem ſ und rundem s) zu ersetzen durch „ss“, entstammt meines Erachtens einem Zeitalter, als Rechner nur mit englischer Tastatur-Auslegung ausgeliefert wurden und Software nicht mit Umlauten und Ligaturen umgehen konnte (Da wurde dann oft "B" statt "ß" oder "ss" verwendet). Konsequenterweise hätte man gleich die Abschaffung der Umlaute betreiben müssen.

    Die Entwicklung der Rechtschreibreform wurde jedoch rechts überholt von der Computer- und Software-Entwicklung. Beide kommen heute sehr gut mit beidem zurecht. Daß man die Maßnahme trotzdem beibehalten und durchgezogen hat, ist Schwachsinn.


Don Jul 27 21:46:44 MEST 2000: Und ich sach noch...: heute morgen kam auf B5 die Nachricht, daß die FAZ ab August 2000 wieder zur alten Rechtschreibung zurückgeht. Hier die Pressemeldung:

Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ (FAZ) ist mit ihrer heutigen Ausgabe zur alten Schreibweise zurückgekehrt. Für die „FAZ“, die sich vor einem Jahr nur widerstrebend der Rechtschreibreform gebeugt habe, seien die wichtigsten Argumente für die Reform entfallen, so die Redaktion: Ein Jahr nach der Umstellung auf die Rechtschreibreform habe sich „in der Redaktion die Überzeugung durchgesetzt, daß die wesentlichen Ziele der von den Kultusministern verordneten Rechtschreibreform nicht erreicht wurden“, teilte die Politik-Redaktion der FAZ mit. „Weder hat sich eine verbesserte Sprachbeherrschung eingestellt, noch hat sich die Einheitlichkeit der deutschen Sprache bewahren lassen“, erklärte die Redaktion. Neunzig Prozent der Bevölkerung hätten die Umstellung in ihrem privaten Schriftverkehr nicht vollzogen, zahlreiche Buchverlage hätten sich dem neuen Regelwerk nicht unterworfen. Ein großer Teil der aktuellen Druckmedien habe die neue amtliche Schreibweise in hauseigene Regelwerke abgewandelt.

- Hurra, mehr davon!

Da habt Ihr's (So, 6. August 2000):

Mehrheit will alte Regeln  HAMBURG/FRANKFURTH - Eine deutliche Mehrheit von 60 Prozent der Deutschen ist dafür, die Rechtschreibreform zurückzunehmen. Das ermittelte das Meinungsforschungsinstitut Dimap in einer repräsentativen Umfrage im Auftrag der Bild-Zeitung und des Mitteldeutschen Rundfunks.

Nur 26 Prozent der Befragten wollen bei den beschlossenen Änderungen bleiben, so die Umfrage. Weitere elf Prozent befürworten eine weitere Reform und Vereinfachung der deutschen Rechtschreibregeln.

Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki rechnet inzwischen mit einer Rückkehrwelle zur alten Rechtschreibung. Die Ankündigung der Frankfurther Allgemeinen Zeitung und des Hochschullehrerverbandes seien nur der Anfang, so Reich-Ranicki.

Er selbst kümmere sich gar nicht um die neuen Regeln. Denn die jetzige Reform sei nicht genügend durchdacht und deshalb inakzeptabel. Andererseits sei er überzeugt, daß die deutsche Sprache eine Reform sehr nötig habe, fügte Reich-Ranicki hinzu.

Ranicki bedauerte die Situation von Lehrern, die die jetzt gültigen Regeln erklären müssen. Und er wolle auch nicht ein Kind sein, das sie lernen müsse. Der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung in Darmstadt warf er vor, zu spät gegen diese Reform aktiv geworden zu sein.

Und überhaupt: Besser ist 'daß'!


© 2001 ich
Created:  Don Jul 27 21:46:44 MEST 2000
Last updated: 
Wed Sep 17 22:16:58 CEST 2003
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